Zehn Ideen zur Rettung der Welt

von Tim Caspar Boehme

Gegen den Klimawandel lässt sich einiges tun. An kreativer Fantasie fehlt es nicht, wie ein Ideenwettbewerb um die zehn besten Vorschläge Mitte Juli in Manchester zeigte. Zwanzig Wissenschaftler, Unternehmer und Erfinder präsentierten ein Wochenende lang ihre Pläne und Ideen. Gemeinsam mit neun anderen Projekten gelangte auch Biokohle in die Endauswahl.

Bei dem Wort Manchester dürften viele in erster Linie an Fußball denken. Lässt man den Namen der britischen Industriestadt jedoch ein wenig nachklingen, kommen recht bald Begriffe wie "Manchesterkapitalismus" in den Sinn. Die Stadt an den Flüssen Irwell und Mersey spielte für die Industrielle Revolution eine entscheidende Rolle. Hier entstanden im 19. Jahrhundert mit den großen Baumwollspinnereien die ersten Fabriken - und damit auch die ersten von Menschenhand gemachten CO2-Produktionsstätten großen Stils.

In Erinnerung an das fragwürdige historische Verdienst der Stadt, eine der mutmaßlichen Geburtsstätten der globalen Erwärmung zu sein, veranstaltete die Zeitung The Guardian gemeinsam mit dem Manchester International Festival Mitte Juli einen Wettbewerb um die zehn besten Ideen zur Bekämpfung des Klimawandels. Eine Jury aus Wissenschaftlern wie Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung wählte im Rathaus von Manchester aus zwanzig präsentierten Vorschlägen die zehn besten aus. Den Wissenschaftlern fiel die Auswahl nicht leicht, auch wenn einige der Ideen durchaus abenteuerlich anmuten.

Wasserspeiende Schiffe

Den größten Sensationswert hat sicherlich das Projekt des Geowissenschaftlers Stephen Salter von der University of Edinburgh. Nach seinen Vorstellungen sollen unbemannte windbetriebene Schiffe auf den Ozeanen Meerwasser in die Luft sprühen, um so die Wolkendecke zu vergrößern und aufzuhellen. Was nach aufwendiger Horizont-Kosmetik klingt, hat einen ernst gemeinten klimapolitischen Sinn. Salter betrachtet seinen Plan als Geoengineering-Strategie, die dazu beitragen soll, dass die Wolken mehr Sonnenlicht reflektieren und folglich weniger Licht an die Meeresoberfläche lassen. Dadurch, so seine Argumentation, erwärmen sich die Meere weniger stark und der globale Temperaturanstieg verlangsamt sich.

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Eine ähnlich drastische Maßnahme sieht das Projekt von Tim Kruger vor. Der ehemalige Unternehmensberater möchte große Mengen Kalk ins Meer kippen. Damit würden die Meere in die Lage versetzt, mehr Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu binden. Zugleich könnte man mit diesem Schritt verhindern, dass die Meere emissionsbedingt immer mehr versauern. Für dieses Vorhaben wären allerdings tief greifende Gesetzesänderungen erforderlich. Anders als Salter gelangte Kruger mit seiner Idee in die Endrunde.

Wandernde Kühe, Rocket Stoves und Staatsanleihen

Doch auch bodenständigere Vorschläge wurden in Manchester zu Gehör gebracht. Peter Scott zum Beispiel hat einfache wie energieeffiziente Kochherde entwickelt, die sich zu einem Preis von sieben US-Dollar pro Stück herstellen lassen. Seiner Meinung nach entstehen zehn bis zwanzig Prozent der globalen Kohlendioxidemission durch das Kochen mit Holzfeuer, wie es in Entwicklungsländern üblich ist. Mit seinen „rocket stoves" lassen sich die Emissionen eines Haushalts im Jahr um ein bis drei Tonnen reduzieren. Neben ihren positiven Klimaeffekten können diese Herde auch helfen, die lokale Luftverschmutzung zu reduzieren.

Noch schlichter und womöglich effektiver klingt Tony Lovells Strategie gegen Überweidung. Der australische Farmer bringt Kühen bei, wie die Gnus in Serengeti über Land zu ziehen, statt stets dieselbe Wiese kahl zu fressen. Mit diesem schlichten Ansatz kann man verhindern, dass Weideflächen erodieren oder gar als Wüsten enden. Die so geretteten Viehweiden können damit ihr volles Potential als Kohlenstoffsenken entfalten, das bei Weideland noch höher liegt als bei Regenwäldern.

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Mit ähnlich konventionellem Ansatz, wenn auch völlig anderen Mitteln, arbeitet das Public Interest Research Centre. Der Think Tank aus Wales stellte das Modell einer staatlichen Anleihe für erneuerbare Energien vor. So wie die Regierungen im Zweiten Weltkrieg den Staatshaushalt durch Kriegsanleihen verbesserten, soll die Bevölkerung in diesem Fall ermuntert werden, ihre Ersparnisse in erneuerbare Energien zu investieren. Die so gewonnenen Mittel sollen die Finanzierung neuer Techniken im großen Stil ermöglichen.

Carbon Conversations

Als besonders beeindruckend, wenn auch nicht in der engeren Auswahl berücksichtigt, kann der Beitrag der Psychologin Rosemary Randall aus Cambridge gelten. Ihre Beobachtung ist so einfach wie beunruhigend: Eine Vielzahl von Menschen nimmt den Klimawandel als Bedrohung wahr, ohne dass sich dies auf ihr Verhalten beim Verbrauch von Kohlenstoff auswirken würde. Die von ihr entwickelten „carbon conversations" verfolgen das Ziel, den Gesprächspartner zum Nachdenken über Konsum, Identität und Status zu bewegen. Ihre Strategie verspricht erfolgreich zu sein: Nach einigen Treffen beschließen die meisten Menschen, ihren Energieverbrauch deutlich zu reduzieren.

Biokohle für klimapositive Landwirtschaft

Mobile Einheit zur Herstellung von Biokohle
Mobile Einheit zur Herstellung von Biokohle

Unter den zehn siegreichen Vorschlägen landete Laurens Rademakers von der Firma Biopact mit einem Plädoyer für Biokohle. Rademakers hat Experimente in Kamerun durchgeführt, mit denen er belegen konnte, dass Biokohle die Fruchtbarkeit von Böden stark erhöht. So wächst Getreide, das auf mit Biokohle angereicherten Böden gepflanzt wird, nahezu zweimal so hoch wie bei konventionellem Anbau. Biokohle, die aus organischem Abfall durch Sequestrierung, d.h. bei Erhitzung unter Sauerstoffausschluss, gewonnen wird, kann überdies die CO2-Konzentration der Atmosphäre reduzieren. Denn organisches Material produziert beim Kompostieren weit mehr CO2 als Biokohle. Mit Biokohle lässt sich daher sowohl die Lebensmittelproduktion erhöhen als auch klimapositive Landwirtschaft betreiben.

Bei aller technischen Avanciertheit der einzelnen Projekte ist zu loben, dass die Veranstalter den Wettbewerb nicht als reine Expertenrunde betreiben. Nachdem zehn der Vorschläge in die engere Auswahl gekommen sind, sollen jetzt die Leser des Guardian per Online-Abstimmung entscheiden, welche Idee ihnen am sinnvollsten erscheint. Und die gewünschte Interaktivität geht weit über bloßes Anklicken hinaus: Die Zeitung ermuntert ihre Leser ausdrücklich, die favorisierten Projekte auf die eine oder andere Weise zu unterstützen, am besten gleich finanziell. Wie auch immer die Reaktionen auf diesen Wettbewerb ausfallen mögen, stimmt der Gedanke hinter der Veranstaltung optimistisch. Denn entscheidender als die Einsicht, dass der Klimawandel eine Katastrophe für die Erde bedeuten kann, sind Lösungen, mit denen sich verhindern lässt und effektive Strategien, um sie in die Tat umzusetzen.

Hier können Sie an der Abstimmung teilnehmen (Link)

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