Illegale Pestizidspritzungen in der Schweiz
von Hans-Peter Schmidt
Im Wallis werden noch immer 1200 Hektar Rebberge (und 80 ha Aprikosen) vom Helikopter aus gespritzt, wobei etwa ein Drittel der zum Einsatz kommenden Pestizide unter dem Verdacht stehen, krebserregend zu sein (Quelle: PAN-Studie). Teilweise werden über 30% der mit dem Helikopter gespritzten Flächen illegal gespritzt (siehe Abbildung), da die gesetzlich festgelegten Abstände zu Wasserläufen, Wäldern, Häusern und natürlichen Biotopen nicht eingehalten werden. Die Gesetze, die bereits vor 12 Jahren von einem immerhin mehrheitlich konservativen Bundesrat verabschiedet wurden, vertreten eine eindeutige Position zum Schutz von Mensch, Tier und ökologischen Ausgleichsflächen. Nur eingehalten werden diese Gesetze nicht. Die Behörden schieben sich gegenseitig die Verantwortung zu, während die sogenannten "Consortage d'Helicopter" ihre Gegner massiv unter Druck setzen. Und dies mitten in der Schweiz, nicht fern ab in Südamerika.

Ökologische Ausgleichsflächen unter Pestizidschauern
Wenn ökologischen Ausgleichsflächen mit Pestiziden gespritzt werden, wird das ökologische Gleichgewicht auch der landwirtschaftlichen Gebiete zerstört. Die Folge ist, dass der Krankheitsdruck auf den Rebflächen immer weiter wächst, so dass immer häufiger immer stärkere Pestizide eingesetzt werden müssen. Unweit des Bereiches obiger Luftaufnahme werden übrigens auch mehrere Wasserläufe überflogen und Rebflächen gespritzt, die unmittelbar an einen Fluss grenzen, der 500m weiter in die Rhone mündet. Leben wir eigentlich in einer Bananenrepublik? (siehe hier das geltende Gesetz für das Ausbringen von Spritzmitteln mit Helikoptern)
Der Einsatz von Hubschraubern für den Pflanzenschutz hat in den teilweise extremen Steillagen des schweizerischen Weinbaus eingestandenermaßen zu großen Arbeitserleichterungen geführt. Insofern ist der Widerstand der Winzer gegen die Einschränkung oder die Abschaffung des Helikoptereinsatzes zwar nachvollziehbar, doch kann dies natürlich nicht als hinreichender Grund für gesetzeswidriges Verhalten geltend gemacht werden.
Pestizide als Lärmschutz ?
Erstaunlicherweise bevorzugen übrigens auch viele Anwohner die Pestizidspritzungen aus der Luft, da auf diese Weise ein ganzer Hektar in wenigen Minuten gespritzt wird, wohingegen die Behandlung mit traditionellen Spritzmaschinen teilweise mehrere Stunden pro Hektar dauert, was die Lärmbelastung erheblich steigert. Würden die Anwohner allerdings wissen, welche Folgen sowohl für ihre eigene Gesundheit als auch für die Natur von den Helikopterspritzungen ausgehen und dass es vom Gesetzgeber her eindeutige Vorgaben gibt, die fahrlässig missachtet werden, wäre sicher auch ihre Position eine andere. Doch eben da liegt das Hauptproblem, die Anwohner wissen ebenso wenig wie die Winzer selbst um die Folgen und die Gefahren, die von den Pestizidspritzungen ausgehen. Selbst die Winzer erhalten nur einmal im Jahr ein A4-Blatt (siehe hier) auf dem die Namen der eingesetzten Produkte aufgeführt sind, nicht aber die Inhaltsstoffe, geschweige denn die Risiken, die von den Inhaltsstoffen ausgehen (siehe Liste: Inhaltsstoffe und die von ihnen ausgehenden Risiken für das Hubschrauber-Spritzprogramm Ayent 2009).
Um die tatsächlich hohe Lärm- und Abgasbelastung der traditionellen Spritzmaschinen deutlich zu reduzieren, entwickelt das Delinat-Institut in Partnerschaft mit der HEV-Sion sowie ValNature Elektro-Atomiseure und Turbospritzen auf Basis von Li-Ionen-Akkus, die ab 2011 in Einsatz gehen werden.

Auf dem Bild rechts sieht man, wie die Flugschneise des Hubschraubers direkt an die Uferböschung eines Baches heranreicht. Der Bach, der Waldstreifen und die ökologische Ausgleichsfläche werden somit vollständig gespritzt.

Die größten Weinbaugebiete mit den besten Krebsstationen
In den Walliser Weinbau-Gemeinden wie Ayent, Saviese, Conthey ist die Quote der Krebserkrankungen übrigens überdurchschnittlich hoch, was freilich auch noch andere Gründe haben könnte. Schaut man sich allerdings die Liste der Gesundheitsgefahren, die von Pestiziden ausgehen (hier), einmal etwas genauer an, liegt die Vermutung doch sehr nah, dass eine Verbindung besteht. Genaue Studien über diese Zusammenhänge wurden nach unserer Kenntnis bisher nicht im Wallis durchgeführt. Fest steht aber, dass die Walliser Krebskliniken laut Regierungsrat landesweit das beste Renomee genießen, da nirgends sonst so viele Erfahrungen mit dieser Krankheit vorliegen.
Was tun?
Ist unsere Zivilgesellschaft wirklich so schwach, dass wir uns das gefallen lassen müssen?
siehe auch den Film "Die Felder des Todes" (hier), der am Ausgangspunkt des Artikels stand
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