Terra Preta - Modell einer Kulturtechnik

von Hans-Peter Schmidt

Das Geheimnis der Terra Preta liegt nicht nur in der Verwendung von Pflanzenkohle, sondern vor allem in einer Gesellschaftsform, die die Bedeutung geschlossener Stoffkreisläufe verinnerlicht hatte. Nur durch die gezielte Rezyklierung aller täglich anfallenden Reststoffe konnten auf den ursprünglich ärmsten Böden der Tropen Bevölkerungsdichten entstehen, die größer waren als die des heutigen Bangladeshs, Hollands oder auch Japans.
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Anregungen aus der Geschichte der Landwirtschaft

Viele Jahrzehnte lang galt es unter Anthropologen als ausgemachte Sache, dass sich in den Regenwäldern am Amazonas unmöglich eine höher entwickelte Zivilisationen herausbilden konnte. Denn angeblich bedarf es großer Städte, um bedeutende zivile und kulturelle Errungenschaften hervorzubringen. Große Städte aber seien im Amazonasgebiet undenkbar gewesen, weil die Humusschicht der Regenwaldböden zu gering sei, um die Nahrungsmittelversorgung hunderttausender Menschen zu gewährleisten.

Diese Erklärung schien so einleuchtend, dass niemand sie ernsthaft in Zweifel zog, und die Berichte des spanischen Konquistadoren Orellana von blühenden Städten am großen Fluss für bloße Legenden gehalten wurden. In den 1960er Jahren jedoch wurden am Zusammenfluss von Amazonas, Rio Negro und Madeira eindeutige Überreste großer vorkolumbianischer Zivilisationen entdeckt. Noch immer voller Zweifel zogen die Wissenschaftler zu neuerlichen Bodenuntersuchungen aus, um eine Erklärung dafür zu finden, wie die vielen Bewohner dieser Städte sich überhaupt hatten ernähren können. So stießen die Forscher schließlich auf die sogenannte Terra Preta, die einst von Menschen erzeugte Schwarzerde im brasilianischen Regenwald.

Deutlich sichtbare Terra Preta Fläche am Amazonas. Selbst auf dem Luftbild ist der Unterschied der Bodenfruchtbarkeit der Terra Preta Fläche noch erkennbar, auch wenn mittlerweile kein Waldgarten, sondern eine abgeholzte Weidefläche daraus geworden ist.

Mikroskopisch, spektral und chemo-physikalisch suchten die Forscher nach den Geheimnissen im erdigen Schwarz. Man entdeckte in den Böden Tonscherben, Knochen, Spuren von Hühnerdung und menschlichen Fäkalien, Holzkohle, Asche und Fischgräten. Eine große Vielfalt organischer Reststoffe, aus denen sich nach und nach die mächtige Humusschicht aufgebaut hatte. Schnell war man mit der Theorie bei der Hand, dass die Holzkohle das bindende Geheimnis all dieser fruchtbaren Organik war. Das Wundermittel sprach sich herum, und bald begann man an vielen Orten der Welt, Holzkohle und bald auch Pflanzenkohle in landwirtschaftliche Böden einzutragen. Doch es brauchte viel Idealismus, um trotz der auf europäischen Äckern äußerst bescheidenen Ergebnisse nicht die Überzeugung an die Pflanzenkohle als Wundermittel zur Weltrettung zu verlieren. Zum Glück! Denn die Pflanzenkohle ist ein äußerst wertvolles agronomisches Werkzeug, sobald man verstanden hat, dass sie kein Dünger ist, sondern ein ideales Trägermittel für Pflanzennährstoffe und ein ausgezeichnetes Habitat für Mikroorganismen.

Mehr über die Geschichte der Terra Preta, die Herstellung im eigenen Garten und ihre Anwendung finden Sie im ersten deutschsprachigen Buch über Terra Preta Technologie.

Pflanzenkohle als Trägermittel für Nährstoffe und Habitat für Mikroorganismen

Um die bodenverbessernden Eigenschaften der Pflanzenkohle rasch und effizient zur Wirkung zu bringen, muss die Pflanzenkohle vor der Einarbeitung in die Böden mit Nährstoffen aufgeladen und biologisch aktiviert werden. Neben der Vermischung der Pflanzenkohle mit Kompost gibt es zahlreiche weitere Methoden der Aktivierung und der Herstellung von organischen Düngern und Terra Preta ähnlichen Substraten.

Pflanzenkohle ist äußerst porös und besitzt eine enorme spezifische Oberfläche von teils über 300 m2 pro Gramm. Aufgrund der hohen Porosität vermag die Pflanzenkohle bis zur fünffachen Menge ihres Eigengewichtes an Wasser und darin gelösten Nährstoffen aufzunehmen. Diese Eigenschaft nennt man die Adsorptionskapazität (AK) der Pflanzenkohle.

Eine weitere wichtige Eigenschaft zur Erklärung der besonderen Nährstoffdynamik der Pflanzenkohle ist die hohe Kationenaustauschkapazität (KAK). Die KAK der Pflanzenkohle ist ein Maß für die Fähigkeit, positiv geladene Ionen, wie Ammonium und Ammoniak, an der Oberfläche der Pflanzenkohle zu binden und bei entsprechenden Verhältnissen wieder für Pflanzen und Mikroorganismen verfügbar zu machen. Eine hohe KAK verhindert das Auswaschen von positiv geladenen mineralischen und organischen Nährstoffen und sorgt insgesamt für eine höhere Nährstoffverfügbarkeit.

Wunderschön sichtbare Pflanzenkohle-Struktur, in deren Poren und auf deren Oberflächen Nährstoffe und Wasser gespeichert werden sowie Lebensräume für Mikroorganismen entstehen. (Photo: C. Holweg und U. Pieles)

Die hohen AK und KAK der Pflanzenkohle führen dazu, dass sie sich hervorragend als Nährstoffträger eignet. Die von der Pflanzenkohle aufgenommenen Nährstoffe wiederum führen dazu, dass Mikroorganismen ideale Lebensräume in und um die Pflanzenkohle finden, was wiederum der gesamten mikrobiellen Belebung des Bodens und damit dem Potential für Symbiosen von Mikroorganismen und Pflanzenwurzeln zugute kommt. (ausführlichere Informationen zur Funktionsweise von Pflanzenkohle finden Sie unter anderem hier und hier)

Terra Preta als hoch entwickeltes Stoffstromsystem

Es dauerte einige Jahrzehnte bis man erkannte, dass die Pflanzenkohle nur ein Hilfsmittel in einem komplexen landwirtschaftlichen System war. Um das zu verstehen, musste man tiefer in die Anthropologie Mittel- und Südamerikas einsteigen.

Als während der letzten großen Eiszeit vor 13 000 Jahren der amerikanische Kontinent von Menschen besiedelt wurde, gab es auch dort noch Mammuts, Ochsen, Elefanten, Nashörner, Pferde und anderes Großwild. Nur waren diese nicht wie in Asien, Europa und Afrika an die Gegenwart jagender Menschen angepasst. Jede Großwildart bewohnte auf dem menschenleeren Kontinent eine ökologische Nische, in der es von keiner anderen Art vom Aussterben bedroht wurde. Erst als der Mensch mit neuen Jagdwaffen und -methoden den Kontinent besiedelte, wurden die ökologischen Nischen zerstört und alle größeren Tierarten, die später zur Jagd oder zur Tierzucht hätten dienen können, ausgelöscht. (siehe u.a. Jared Diamonds sehr empfehlenswertes Buch: Guns, Germs, and Steel)

Für die späteren Bewohner Amerikas, wie die Azteken, Mayas, Anasazi oder Inkas, bedeutete dies, dass sie nicht nur keine Viehzucht betreiben, sondern auch keine Arbeitstiere zur Landarbeit einsetzen konnten. Letzteres ist übrigens auch der Grund, weshalb weder das Rad noch der Pflug verbreitete Anwendung fanden. Zur Deckung ihres Nahrungsbedarfes waren die Ureinwohner auf Wildfrüchte, Kleintiere und Fische oder eben auf Gartenbau angewiesen.

Waldgärten gehören zu den produktivsten Landwirtschaftssystemen (Photo: www.motherearthnews.com)

Anstatt Wälder abzubrennen und riesige Felder zu bestellen, wie man es unter dem Einfluss der Moderne heute in dieser Gegend tut, nutzten die Indianer am Amazonas ihre Wälder, um zwischen fruchttragenden Bäumen Waldgärten anzulegen. Während man das Holz der Bäume als Werkstoff, Brennmittel und zur Herstellung von Holzkohle nutzte, verbesserte man über Jahrhunderte hinweg die Böden zwischen den Bäumen, indem man die kompostierten oder fermentierten Abfallstoffe und Fäkalien mit Holzkohle mischte und in die Böden einbrachte. Auf diese Weise verbesserte sich nach und nach die Bodenfruchtbarkeit, so dass gute Erträge erzielt und immer ertragsfähigere Sorten herangezogen und angebaut werden konnten.

Anthropologen konnten in den letzten Jahrzehnten für alle oben erwähnten Hochkulturen Amerikas sehr hohe Bevölkerungsdichten nachweisen. Diese Bevölkerungsmassen konnten nur durch äußerst intensive Nutzung der Landflächen ernährt werden. Der höchste Flächenertrag jedoch lässt sich mit vertikal angelegten Mischkulturen und Waldgärten erzielen. Zwar erforderte diese Bewirtschaftungsweise einen großen Aufwand an Arbeitskräften, aber diese waren in den dicht besiedelten Ländern der amerikanischen Hochkulturen ausreichend vorhanden.

Die natürlichen Räume wurden intensiv genutzt, und man kann davon ausgehen, dass sich von einem Hektar Waldgarten am Amazonas 15 bis 20 Menschen ernähren konnten. Um diese hohen Flächenerträge zu erzielen, waren eine durchdachte Anlage von sich ergänzenden Mischkultursystemen und vor allem ein intelligentes Stoffstromsystem erforderlich. Nur wenn die dem Boden entzogenen Nährstoffe ihm auch wieder zurückgeführt wurden, und zwar in einer Weise, dass sie auch im Boden verblieben und nicht von den tropischen Regenfällen sogleich wieder ausgewaschen wurden, ließ sich eine langfristige Bewirtschaftung mit gleichbleibenden Erträgen sicherstellen.

Alle diese Elemente – vertikale und horizontale Mischkulturen, organisierte Handarbeit, Schließung der Nährstoffkreisläufe und Humusaufbau – gehörten untrennbar zusammen, um die stabile Lebensmittel- und Rohstoffversorgung der riesigen Gartenstädte aufrechterhalten zu können. Da es keinen Großviehmist zur Düngung gab, mussten die Verdauungstrakte der Bevölkerung für die organische Düngemittelproduktion eingesetzt und die Fäkalien anschließend hygienisiert werden (siehe auch: Auf den Spuren der Terra Preta in Mittelamerika).

Um bei der täglichen Verarbeitung von Fäkalien zu Düngemitteln etwaigen Seuchengefahren vorzubeugen, kam offenbar die Holzkohle zu ihrem entscheidenden Einsatz. Denn wenn die Aborte regelmäßig mit Holzkohle bestreut wurden, konnte nicht nur die Geruchsbelästigung verhindert werden, sondern auch die Ausbreitung von Krankheitskeimen. Es ist möglich, dass die Aborte zusätzlich mit Milchsäurefermenten hygienisiert wurden. Man kann jedenfalls davon ausgehen, dass diese hygienische Vorsorge der Hauptgrund für die Anwendung von Holzkohle war. Dass sie darüber hinaus einen großen Effekt auf die Nährstoffeffizienz und den Humusaufbau hatte, war unter Umständen nicht einmal bekannt. Wie auch immer, die Holzkohle jedenfalls gehörte untrennbar zu einem Stoffkreislaufsystem, das auf Erfahrung beruhte und funktionierte.

Das Stoffkreislaufsystem der Terra Preta beruhte auf den folgenden beiden Grundfesten: Die Bodenfruchtbarkeit konnte nur erhalten werden, wenn die Essensreste und sonstigen pflanzlichen Abfälle sowie die bei der Verdauung anfallenden Reststoffe dem Boden in geeigneter Form wieder zugeführt wurden und die vertikale Struktur der artenreichen Waldgärten mit hohem Erosionsschutz und Humusaufbaupotential aufrechterhalten blieb.

Lässt sich die Terra Preta Technik auf die mitteleuropäische Forstwirtschaft übertragen ?

Um nachhaltige Forstwirtschaft zu betreiben, müssen selbstverständlich auch im Wald die Nährstoffbilanzen ausgeglichen werden. Werden in einem Mischwald lediglich die entrindeten Stämme dem Wald entnommen, und verbleiben die Kronen, die jungen Zweige und die Borken vor Ort im Wald, ist der Nährstoffentzug sehr gering, so dass ein Ausgleich der Nährstoffbilanzen nur in einem Zeitrahmen von mehreren Jahrhunderten vorgenommen werden müsste. Entnimmt man aber mit Vollerntern die kompletten Bäume und führt auch die besonders nährstoffreichen Junghölzer einer industriellen Nutzung zu, und hat man zudem keinen humusaufbauenden Mischwald, sondern monokulturellen Nadelwald, so werden selbst bei selektivem Schlag die Nährstoff- und sogar die Humusreserven angegriffen. In diesem Falle müsste zumindest ein Nährstoffausgleich, beispielsweise durch Rückführung von Holzasche in Zeitabständen von 40 – 80 Jahren, erfolgen. Vor allem aber müsste zum Schutz des Waldhumus für eine gute Durchmischung des Bestandes mit Laubbäumen gesorgt werden.

Solange der europäische Mischwald Mischwald bleibt oder wieder wird, keine Vollernte durchgeführt und auf die extrem schweren, den Waldboden verdichtenden Maschinen verzichtet wird, kann das Ökosystem Mischwald als außerordentlich stabil angesehen werden. Der Einsatz von Bodenverbesserungstechniken, von Düngung, von Pflanzenkohle und Pflanzenkohlekomposten bzw. von Terra Preta ähnlichen Substraten wäre für die mitteleuropäische Forstbewirtschaftung weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll. Zwar würde die Pflanzenkohle im Waldboden die Wasserspeicherfähigkeit verbessern und je nach Bodentyp auch die biologische Aktivität und den Humusaufbau fördern, doch würde dadurch zugleich das stabile Ökosystem des Mischwaldes unnötig angegriffen.

Mischwälder sind die stabilsten Kultur-Ökosysteme Mitteleuropas. Die Förderung der Baumvielfalt und der Verzicht auf Ganzbaumernte sowie schwere Vollerntemaschinen sind Voraussetzungen für den Erhalt der Kulturwälder. Eine landwirtschaftliche Mischnutzung könnte am ehesten in Form eines wandernden Lichtungsfeldbaus erfolgen.

Besteht das Ziel jedoch nicht nur in der nachhaltigen Nutzung des Ökosystems Wald, sondern in einer möglichst effizienten Produktion von Biomasse wie im Fall von Kurzumtriebsplantagen oder Ackerforstsystemen, dann wären durch die starke Verschiebung der Nährstoffbilanzen und durch die Möglichkeit mechanischer Flächenbearbeitung auch die Terra-Preta-Technologien von großem Interesse. Je mehr Ressourcen einem Boden und Ökosystem entzogen werden, desto wichtiger wird es, diese Ressourcen nachhaltig zu erneuern und die Stoffkreisläufe zu schließen.

Kohlenstoff und Stickstoff, die durch das landwirtschaftliche Ökosystem kontinuierlich aus der Atmosphäre entzogen werden, können über die pflanzliche Biomasse dem lokalen System entnommen und in andere Kreisläufe innerhalb des globalen Stoff- und Energiekreislaufs eingeschleust werden. Alle anderen, sich nicht natürlich erneuernden Nährstoffe müssen jedoch in geeigneter Form zurückgeführt werden. Hierfür bietet das Terra-Preta-System eine außerordentlich vielversprechende Lösungsmöglichkeit, da die Nährstoffe nicht nur in mineralischer oder synthetisierter Form zurückgeführt werden, was zu erheblichen Verlusten und Umweltbelastungen führt, sondern in organischer, biologisch gebundener Form, wodurch die Nährstoffkreisläufe geschlossen werden können.

Vernetzung von Forst- und Landwirtschaft

Vergleicht man die heutige Landwirtschaft mit der Terra-Preta-Wirtschaft in Amazonien, so wird insbesondere deutlich, dass die heutigen Flächenerträge mindestens viermal niedriger sind als damals im Regenwald. Zweitens muss man eingestehen, dass trotz der mittlerweile über zehntausenden universitär ausgebildeten Agronomen Bodenabbau statt Bodenaufbau betrieben wird und die Nährstoffbilanzen nur scheinbar aufrechterhalten werden. Und drittens darf nicht vergessen werden, dass heute für die Erzeugung von 1 Kalorie Nahrung mehr als 15 Kalorien Energie aufgewendet werden müssen, wohingegen in den Waldgartenkulturen ein positives Aufwand-Nutzen-Verhältnis bestand.

Viele Jahrhunderte lang wurde in Mitteleuropa Lichtungsfeldbau betrieben. Lichtungsfeldbau würde auch in der modernen Landwirtschaft eine sehr effiziente Nutzung von Ökosystemdienstleistungen darstellen und ist ästhetisch den derzeitigen monotonen und allzu geradlinig angelegten Ackerforstsystemen überlegen.

Eines der Hauptkennzeichen und Erfolgsrezepte des Terra-Preta-Systems besteht in der engen Vernetzung von Land- und Forstwirtschaft. Landwirtschaftliche Bewirtschaftungseinheiten werden in Terra-Preta-Systemen ebenso wie in modernen Ackerforstsystemen nicht etwa als Landfläche, sondern als Volumen betrachtet, in dem die vertikale Anordnung ebenso wichtig wie die Flächenaufteilung ist. Die verschiedenen Etagen zwischen Wurzelschicht, Krautschicht, Busch- und Baumschicht werden dabei so aufeinander abgestimmt, dass die Erträge innerhalb des landwirtschaftlichen Volumens in langfristigen Zyklen optimiert werden können.

Auch in der Geschichte der mitteleuropäischen Landwirtschaft wurden Wald und Äcker nicht als getrennte Wirtschaftsbereiche, sondern als stark vernetzte Einheiten betrachtet. Aufgrund des Einsatzes von Zugvieh, der Großtierhaltung und der Jagd entstanden jedoch keine Waldgärten wie in Südamerika, wo das Großvieh bereits ausgestorben war. Stattdessen entstanden verschiedenste Mischsysteme wie Lichtungsfeldbau, Hudewälder, Hochstamm-Obstbaum-Weiden, Niederwälder, Mittelwälder und Wald-Acker-Rotationen, in denen die verschiedenen Elemente wie Ackerbau, Weiden, Frucht-, Rohstoff- und Nährstoffgewinnung effizient aufeinander abgestimmt wurden.

Der Hudewald ist ein stabiles Landwirtschaftssystem, in dem sich Vieh- und Forstwirtschaft sehr effizient ergänzen und für hohe Biodiversität sorgen.

Diese traditionellen mitteleuropäischen Ackerforstsysteme sollten auch in Zukunft wieder verstärkt in den Fokus rücken, um die Effizienz der landwirtschaftlichen Systeme zu stärken und zu erhalten. Auf diese Weise ließen sich – wie beispielsweise beim Lichtungsfeldbau – Mikroklimate erzeugen, welche angesichts des Klimawandels die Adaptionsfähigkeit der Landwirtschaft deutlich erhöhen würde. Auch sollten langfristigere Zyklen in Betracht kommen, so dass Bäume quasi in die Fruchtfolge mit eingebaut werden können.

Die Anlage von Baumstreifen, Forstinseln oder Saumzonen rund um Lichtungsfelder verbessern nicht nur das Mikroklima der Äcker, sie reduzieren auch die Windgeschwindigkeiten um 15 – 20%, verhindern Erosion, senken die Verdunstungsraten, reduzieren das Frostrisiko, führen zu Humusaufbau und erhöhen insgesamt die Wirtschaftsleistung.

Anregungen aus der Landwirtschaftsgeschichte

Während die Menschen in fast allen Zeitaltern der Geschichte glaubten, dass das goldene Zeitalter hinter ihnen liege und die jeweils früheren Generationen viel besser wussten, wie man sich unter Nutzung der natürlichen und spirituellen Möglichkeiten aus den Schwierigkeiten des Alltags winden müsse, hat sich dies mit den beeindruckenden Erfolgen der Industrialisierung Ende des 18ten, Anfang des 19ten Jahrhunderts ins Gegenteil gekehrt. Fortan galt die Ideologie des Fortschritts, durch den der Ort aller Weisheit und allen Bescheidwissens in die Zukunft verschoben und die Vergangenheit als bloße Treppenstufe zur Wissensentwicklung abqualifiziert wurde. Plötzlich war die Vergangenheit nur noch einen beschaulichen Rückblick wert, die Geschichte wurde zum nutzlosen Gegenstand schöngeistiger Beschäftigungen, und es kam zu jener fatalen Arroganz, die dem Leben und Wissen der früheren Völker jede Relevanz für die Gegenwart absprach.

Die Entdeckung der Terra Preta am Amazonas und die Wiederentdeckung des Lichtungsfeldbaus in Mitteleuropa sind zwei der wenigen Beispiele dafür, dass Archäologie und Anthropologie auf ihren Grabungen in die Vergangenheit auf altertümliche Techniken stießen, die zu einem wesentlichen Anstoß für die Lösung bedeutender Probleme der Gegenwart werden könnten.

In einer Zeit, wo landwirtschaftliche Böden durch Herbizide, Pflanzenschutzmittel, Überdüngung und Erosion verarmen, wenn nicht gar absterben, zugleich aber der Zwang zur Versorgung der Überbevölkerung des Planeten immer wieder als Ausrede gegen einen nachhaltigen Wandel der landwirtschaftlichen Methoden herhalten muss, sind Maßnahmen gefragt, die, anstatt nur den Idealismus von der schönen, wilden Natur ins Wortgefecht zu bringen, zur Entwicklung intelligenter Strategien führen, die die Produktivität der Landwirtschaft, den Klimaschutz und den Naturschutz vereinen. Die Vernetzung von Forst- und Landwirtschaft sowie die Schließung der Nährstoffkreisläufe, wie sie am Amazonas ebenso wie an der Elbe über einen Zeitraum vieler Jahrhunderte praktiziert wurden, könnten zur Grundlage moderner Strategien für eine effiziente und nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen und damit einer zukunftsfähigen Bioökonomie werden.

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Elemente des Klimafarmings

In die Entwicklung des Klimafarming-Konzeptes sind viele Erkenntnisse aus der Erforschung der Terra Preta Technologie eingeflossen:

Kohlenstoffsequestrierung

- Pflanzen als Kohlenstoffpumpen (Assimilierung)

- Humuswirtschaft (Fixierung von Kohlenstoff)

- Biomassenutzung für Energie- und Rohstoffproduktion

Schließung von Stoffkreisläufen

- Erhöhung der Nährstoff- und Wassereffizienz

- Rezyklierung von Pflanzennährstoffen

- Minimierung von Nährstoffverlusten

Ökosystemstabilisierung

- Förderung der Biodiversität

- Humusaufbau

- Kreation von Mikroklimaten

- Ackerforstwirtschaft, Mischkulturen, Begrünungssysteme

- Reduktion von Pestiziden

Soziales Klima

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